Nach Entscheidungsprozess, Verkabelung und Einrichtung möchte ich nun einen Einblick in meine Praxiserfahrung mit der ESENTA SIAS IP Türsprechanlage geben. Hierbei geht es weniger um die initiale Einrichtung der Anlage sondern vielmehr um die Nutzung in der Praxis.
Touchscreen
Einen Touchscreen im Smartphone kennt jeder; in der Türklingel ist das aber doch sehr ungewohnt - das war mein erster Gedanke bei der Esenta SIAS und umso mehr war ich gespannt, ob unsere Besucher, Paketboten, etc. sofort verstehen würden, wie man überhaupt klingeln kann. Dazu kommt noch, dass die Kamera und der Bewegungssensor sich etwas hervorwölben und damit den Eindruck vermitteln können, dass es sich hierbei um Knöpfe handelt. Nach dem ersten Feldversuch kann ich sagen, dass bisher alle, egal ob jung oder alt, verstanden haben, dass sie auf das Touchdisplay drücken müssen. (Ein paar Fingertapser waren über die Zeit auch auf der Kamera zu finden, aber schlussendlich hat jeder den Kingelknopf gefunden). Das liegt vermutlich auch daran, dass die Anzeige bei Annäherung einer Person von der Adresse zum Klingelschild umspringt und so schon von Weitem erkennbar ist, dass es sich um ein Display handelt. Darüber hinaus ist die Helligkeit auch bei Sonne wirklich sehr gut, so dass die Schrift gut abgelesen werden kann. Somit passt dieser praktische Eindruck auch zu angegebenen Spezifikation von 800 cd/m2.
Zugriffskontrolle: Fingerprint & RFID
Das Anlernen von RFID Chips und Fingern kann über die Adminoberfläche gestartet werden. Man weist einem Benutzer, dann einen neuen “Schlüssel” zu. Das Anlernen erfolgt dann direkt an der Türsprechanlage und wird über das Display intuitiv erklärt. Die Schlüssel werden in der Adminoberfläche, dann mit einer technischen ID dargestellt. Das ist zuerst einmal okay, möchte man aber gezielt einen “Schlüssel”, also bspw. einen bestimmten Finger entfernen, so muss man den Überblick behalten. Es wäre gut, wenn man hier pro Schlüssel einen Namen vergeben könnte (entsprechendes Feedback wurde an Esenta weitergeleitet).
Kommen wir nun zur Authentifizierung selbst. Nutzt man einen RFID Chip, so wird dieser schnell und zügig erkannt und der Weg ins Haus freigegeben. Bei der Authentifizierung über den Fingerabdruckscanner muss man sich eine kurzen Moment (eine Gedankensekunde) gedulden bis die Authentifizierung abgeschlossen ist und sich die Tür öffnet. Das können andere Systeme gefühlt etwas schneller. Allerdings muss man nun auch Erwähnen, dass diese ggf. auch False Negatives aufweisen (sprich: Ein angelernter Finger wird abgelehnt). Dies ist wiederum bei der Esenta SIAS hervorragend. Ich hatte auch nach mehreren Wochen noch kein False Negative und natürlich genauso wenig ein False Positive (also einen unberechtigten Zutritt).
Man kann sich in diesem Zusammenhang auch mit den Begrifflichkeiten False Acceptance Rate (FAR) und False Rejection Rate (FRR) beschäftigen. Bei der Esenta SIAS ist die FAR mit < 0.01% und die FRR mit < 0.1% angegeben. Prüft man dies gegen die Spezifikation des Marktführers ekey wird man feststellen, dass die Werte niedriger sind. Zu erst einmal könnte einem das beunruhigen und man könnte zu dem Schluss kommen, dass die Esenta SIAS unsicher ist. Ebenso könnte man zu der Schlussfolgerung kommen, dass ein von 100 nicht autorisierten Versuchen erfolgreich ist. Wer sich allerdings auch nur ein wenig mit FAR und FRR beschäftigt, wird feststellen, dass der Sachverhalt deutlich komplizierter ist und die vorhergehende Schlussfolgerung definitiv falsch ist. Was bedeutet dies nun in der Praxis? Wie bereits oben beschrieben, habe ich es in der Praxis nicht geschafft Zutritt mit einem nicht angelernten Finger zu erhalten. Die niedrigeren FRR Werte dürften aber auch dazu führen, dass angelernte Finger auch immer direkt erkannt wurden und man nicht wie bei anderen Systemen den Finger mehrmals auflegen muss.
Kamera
Bei der Kamera handelt es sich um eine 8 MP und 180° Fisheye Kamera. Das Bild ist wirklich hochauflösend und wird über die Esenta App als auch Stream auf einer Webseite flüssig & schnell übertragen. Durch die 180° Linse hat man einen sehr großen Blickwinkel, aus dem über die Adminoberfläche auch ein Bildausschnitt definiert werden kann. Das finde ich sehr gut, denn so kann man auch wenn die Türsprechanlage etwas neben der Haustüre montiert ist den richtigen Ausschnitt wählen.
App
Die Esenta App wird sowohl für Android als auch für iOS angeboten. Da ich Geräte für beide Systeme habe, habe ich auch beide Apps ausprobiert. Etwas ungewöhnlich war, dass die Symbole in den App Stores unterschiedlich aussehen. Die Apps selbst sind aber identisch. Was mich überzeugt hat ist das einfache und klare Look & Feel und die moderne Aufmachung. Hier hat man wirklich den Eindruck, dass die App Bestandteil der Lösung ist und nicht (wie bei manch anderen Herstellern) ein Zusatz, den man gut vermarkten kann.
In der Praxis hat die App gut und zuverlässig funktioniert. Findet die Verbindung allerdings über die Cloud statt, so dauert es schon ein paar Sekunden bis es wirklich auf dem Smartphone oder Tablet klingelt. Hat man nun einen Paketboten unter Zeitdruck vor der Haustür, so muss man u. U. schnell sein, dass man diesen nicht verpasst. Ich vermute, dass dies technisch bedingt ist und es hierzu vermutlich auch keinen Ausweg gibt. Außer der zeitlichen Verzögerung habe ich hier jedoch keine Schwachstellen entdeckt.
Die App war bei mir lediglich zu Beginn im Einsatz. Mittlerweile habe ich eine volle Integration in mein Smarthome (s. auch andere Artikel in diesem Blog) und FRITZ!Fon (s. unten) umgesetzt . Der Fall, dass ich unterwegs bin und jemanden die Tür öffnen möchte, hat für mich keine Praxisrelevanz, da ich fremden Personen die Türe nicht öffnen würde und alle Bewohner des Hauses sowieso per Fingerprint registriert sind. Ein “Schlüssel vergessen” kann also nicht vorkommen.
SIP Einbindung mit dem FRITZ!Fon
Die Integration der Esenta SIAS mit einer Fritz!Box ist in der Bedienungsanleitung ausführlich beschrieben und funktioniert einwandfrei. In meinem Fall ist eine FRITZ!Box 7530 in Kombination mit zwei FRITZ!Fon C6 im Einsatz. Sobald jemand an der Haustüre klingelt, läutet unmittelbar das Telefon. Sehr gut ist, dass man einen anderen Klingelton für die Haustüre festlegen kann, so dass man einfach zwischen Haustürklingeln und Anrufen unterscheiden kann. Auch das Bild wird problemlos auf das FRITZ!Fon übertragen. Hier gibt es nichts zu bemängeln.
Das Fazit
Als Fazit lässt sich kurz und bündig festhalten: Die Esenta SIAS setzt in der Praxis um, was sie von den technischen Aspekten auf dem Datenblatt verspricht. Es gibt aus meiner Sicht, wie beschrieben, ein paar kleinere Mängel, die aber verschmerzbar sind. Tatsächlich kann ich mir momentan keine bessere Alternative vorstellen und ich bin stolz Besitzer ein so tollen und schicken Türsprechanlage zu sein.